Schon das zweite Jahr in Folge werden in Tübingen City-Flitzer geteilt: COONO heißt das erste swt-eigene E-Sharing-Angebot, das derzeit aus 40 E-Rollern und 10 E-Autos besteht – viele weitere Fahrzeuge werden in den nächsten beiden Jahren folgen. Damit greifen wir einen hochaktuellen Trend auf. Sharing ist beliebt, ökologisch sinnvoll und oftmals günstig. Wie weit geht Eure Teil-Bereitschaft?
Ungläubig schaue ich auf den Fernseh-Bildschirm. Ich bin bei einer eher mittelmäßigen Reportage hängengeblieben. Das Thema: „Funktionale Wohngemeinschaft“. Mit anderen Worten: Es geht um meinen persönlichen Albtraum. Denn in einer „Funktionalen WG“ wird nahezu alles geteilt, von den Socken bis zum Bett, vom Joghurt bis zum Lieblingspulli. Vor allem aber werden Räume geteilt, und zwar nach ihrer Funktion: Ein Raum zum Schlafen (für alle), ein Raum zum Essen, Kochen, Arbeiten, für – ähm – Zweisamkeit. Der Vorteil: Fünf bis sechs Personen kommen mit sehr wenig Wohnraum und mit weniger Gegenständen zurecht. Ein Statement gegen übertriebenen Konsum, eine Reaktion auf steigende Mietpreise, große Nachfrage und kleines Angebot – oder tatsächlich eine Wohnform der Zukunft? Mag sein, trotzdem habe ich Zweifel, dass das klappt. Deshalb betrachten wir doch erst einmal praxis- und alltagstaugliche Sharingkonzepte, davon gibt es nämlich auch schon jede Menge:
Geteilte Mobilität in Tübingen
Mobilität haben wir im Blut, damit fangen wir an: Nachdem 2019 die Bosch-Tochter coop ihren Dienst in Tübingen quittiert und die Sharing-Roller abgezogen hatte, war uns schnell klar: da muss was Neues her. Ein Angebot, das flexibel und unkompliziert ist. Das den TüBus und TeilAuto ergänzt und die Füße bei Bedarf entlastet. Wir haben das Rad nicht neu erfunden, vielmehr einen Trend aufgegriffen, der in ausnahmslos jeder deutschen Großstadt Einzug gehalten hat. Besitzen ist out, heute wird geteilt.
Wie funktioniert COONO?
Die gesamte Flotte kann über die COONO-App (für iOS und Android) gebucht werden. Für die E-Roller gilt „Free-Floating“: Kunden können sie innerhalb des Geschäftsgebiets (umfasst das Stadtgebiet und nahegelegene Teilorte) frei nutzen und beliebig abstellen. Wo der nächste E-Roller zum Losfahren steht, zeigt die App. Die E-Autos sind da etwas strenger: Losgefahren und geparkt wird an festen Stationen. Kunden reservieren das Auto über die App, holen das Auto an der Station ab und bringen es nach der Ausleihe dorthin wieder zurück. Eine Ladekarte zum kostenlosen Aufladen an allen TüStrom-Ladesäulen der swt liegt in jedem Fahrzeug. Zu jedem COONO-Autostellplatz gehört eine eigene Ladesäule, so dass die Autos in der Regel mit aufgeladenem Akku bereitstehen.
Die COONO-App ist gleichzeitig der Fahrzeugschlüssel. Fahrzeug-Standort finden, reservieren, Roller starten oder E-Auto öffnen, Fahrten pausieren und abschließen, Nutzerkonto verwalten und vieles mehr – alles läuft über ein System. Angebot und Nutzung sollten möglichst einfach und selbsterklärend sein, das war oberstes Gebot.
Warum tun wir das?
Nach Monaten der Vorbereitung erhofften wir uns von COONO natürlich gute Resonanz, Akzeptanz und Nutzungszahlen. Klar! Für COONO und uns als Unternehmen ist das wichtig, schließlich soll das Thema Mobilität in Zukunft auch wirtschaftliche Relevanz bekommen. Nach den ersten beiden Jahren haben wir nun 2.334 Kundinnen und Kunden… Der Plan ist also aufgegangen, COONO hat sich etabliert und läuft erfolgreich. Eine größere Flotte ist fest geplant, ganz neue zusätzliche Dienste oder Fahrzeugklassen ließen sich einbinden. ABER: Mit COONO verfolgen wir darüber hinaus ein weiteres Ziel: Wir möchten aktiv dazu beitragen, dass Tübingen bis 2030 klimaneutral wird. Dazu braucht es alternative Verkehrskonzepte, daran besteht kein Zweifel. Bei aller Bescheidenheit: Wer, wenn nicht wir, sollte sich dieses Thema auf die Fahnen schreiben? Und genau das tun wir, mit unserem ganzen Einsatz, unserer Erfahrung in Sachen Mobilität aber auch mit neuen, innovativen Köpfen und Ideen.
Was kann man noch alles teilen?
In den allermeisten Fällen heißt teilen auch sparen: Geld, ja – das ist ein Aspekt. Teilen spart aber auch Ressourcen. Es ist ein Statement gegen eine Wegwerfgesellschaft. Teilen, Reparieren, Wiederverwerten – das ist heute gottseidank wieder eine Tugend und gerade auch unter jungen Menschen verbreitet sich das Bewusstsein dafür. Dabei gibt es heute unglaublich viele Sharing-Angebote in fast allen Lebensbereichen. Eine kleine Sammlung:
Carsharing: Ist seit Jahren ein Begriff. Verglichen mit anderen Sharing-Angeboten ist es fast schon ein alter Hut. Dabei gibt es zwei Modelle: Unsere COONOs sind die flexible Variante, bestens geeignet für kurze Strecken und spontane Mobilitätsengpässe oder plötzliche Ermüdungserscheinungen auf dem Heimweg. Die klassischen Carsharing-Angebote wie etwa teilAuto setzen auf regelmäßige Nutzung. Immer häufiger hören wir auch von provaten Initiativen: Ein Auto pro Haus, das dann genutzt wird, wenn man es braucht. Kosten geteilt durch x.
Lebensmittel werden nicht im eigentlichen Sinne geteilt, sondern vor dem Wegwerfen bewahrt. Foodsharing nennt sich das und wirkt wie kein anderes Teilangebot der Verschwendung entgegen. Lebensmittel, deren Haltbarkeit abgelaufen ist oder die nicht dem Schönheitsideal entsprechen werden an einer öffentlich zugänglichen Stelle kostenlos angeboten. In Tübingen gibt es eine sehr engagierte Foodsharing-Gruppe, die unter anderem Stationen, sogenannte Fairteiler, im Rathausfoyer, in der Weststadt und in Lustnau versorgen.
Medien wie Bücher, CDs und Spiele werden beim Gebrauch nicht schlecht. Fakt. Warum also ein ausgelesenes Buch nicht weitergeben? Das Internet ist voll von Tauschbörsen und Secondhandshops. Im Grunde ist die Bücherei eine der ältesten Sharingplattformen dieser Welt – und immer noch brandaktuell. Die Tübinger Stadtbücherei ist nicht nur gut sortiert, sondern auch ein wunderbarer Ort zum Stöbern und Verweilen. Wir lieben sie einfach!
Wohnungen: Zugegebenermaßen sträuben sich beim Begriff „AirBnB“ bei vielen die Nackenhaare. Grund ist, dass die ursprünglich als Wohnungstauschbörse an den Start gegangene Website heute oft als Vermietungsplattform den Wohnungsmarkt torpediert. Nutzt man AirBnB aber so, wie es im Sinne des Erfinders war, bekommt man private Wohnungen und Häuser für eine begrenzte Zeit zu günstigen Preisen, etwa als Zwischenmiete während eines Auslandsaufenthalts. Fühlt sich toll an…
Mitfahrer: Wenn schon ein Privatfahrzeug, dann doch bitte nicht als Einzelfahrer. Leere Plätze werden einfach vermietet. Was zu Studizeiten gut für die Fahrt zu den Eltern am Wochenende funktioniert hat, geht genauso gut jenseits der 20. Auch hier gibt’s entsprechende Websites und teilweise auch lokale Netzwerke.
Viele tolle Möglichkeiten, wobei die Liste sicher noch nicht vollständig ist. Ich bin da offen für kreative Vorschläge. Und wenn ich es ganz genau nehme: Manchmal fühlt sich das Zuhause mit mehreren Kindern und diversen Haustieren auch wie eine funktionale WG an – nur mit eigenen Socken.
Habt Ihr auch Erfahrungen mit Sharing gemacht? Schreibt uns gerne, das interessiert uns brennend!
Gleich weiterlesen? Hier geht’s zu unseren Beiträgen über Klimaschutz im Alltag