Wer macht was im Tübinger Freibad?
Die Saison läuft. Die Halbzeit ist jetzt schon vorbei. Alles hat sich eingegroovt. Alles war schon da: Hitzewellen und Kältewellen, Tage mit nur 300 und solche mit 10.000 Besuchern. Das Freibad-Team wuppt das. Freundlich, lässig und kompetent. An einem Vormittag im Mai hatte ich die Kolleg:innen dort besucht und sie nach ihren Jobs befragt. Zwischen Riesenrutsche, Sportbecken und Volleyballfeld, zwischen Umkleiden und Filteranlagen, Kassenhäuschen und Rosenbeeten. Wer macht was im Freibad? Davon erzählt dieser Beitrag.

Als erstes treffe ich ihn:
Orhan Kamburche, Mitarbeiter an der Freibad-Kasse
Er bedient die Badegäste am Einlass. Seine Schicht hat heute um 5.30 Uhr begonnen. Da bereitet er erstmal die Kasse vor, prüft die Abrechnung vom Vortag, zählt das Wechselgeld. Um Punkt 6 Uhr lässt er das Rolltor hochfahren. „Davor warten immer schon 20 bis 25 Frühschwimmer – und verbreiten sofort gute Laune.“ Dass morgens um 6 niemand vorm Tor steht, das hat hier noch keiner erlebt!


Jeden Tag öffnet das Tübinger Freibad so früh. Auch am Wochenende. Und es hat auch abends länger auf als andere Freibäder. „Ein toller Service“, findet Orhan mit strahlendem Lächeln. Die Kasse ist durchgehend besetzt. Bei großem Andrang wird eine zweite geöffnet und der Ticketautomat aktiviert. Schönwettertage sind ihm die liebsten: „Wenn wir gut beschäftigt sind, vergeht die Zeit wie im Flug!“
Orhan hat gern mit Gästen zu tun. „Unsere Gäste sind sehr okay. Da macht kaum jemand mal Stress. Und bei unseren Besucherzahlen fallen ein oder zwei unzufriedene ja nicht ins Gewicht.“ 😉 Selbst beim schlechten Mai-Wetter der letzten Tage kamen wenigstens rund 300. Der Tagesrekord, den er mal erlebt hat, waren unglaubliche 13.500 Menschen im Freibad! „Da war selbst auf der Liegewiese kein Quadratzentimeter mehr Platz.“
Jedes Jahr freut sich Orhan auf die Freibadsaison. Im Hallenbad zu arbeiten, sei viel anstrengender. Nebenher unterstützt er auch das Reinigungsteam. Er ist da flexibel. Der Schichtdienst stört ihn nicht. Nach 4 Tagen hat er wieder frei, auch jedes dritte Wochenende kann er für die Familie da sein.
„Unser Freibad ist doch eine Insel der Glückseligen!“ (Rainer Kost)
Im Personalraum bin ich mit ihm verabredet:
Rainer Kost, der Betriebsleiter
Seit 25 Jahren arbeitet er schon in den Tübinger Bädern. Ursprünglich war er als Mechaniker zu den Stadtwerken gekommen und konnte dann zu seinem „Traumjob“ umschulen. Dies ist sein zweiter Sommer als Betriebsleiter im Freibad. Er geht stramm auf die Rente zu und lernt derzeit seinen Nachfolger ein. „Ich komme immer noch jeden Tag gerne hier her“, sagt Rainer.
Um 5 Uhr startet er in die Frühschicht, eine Stunde vor Öffnung. Sein erster Gang führt in die Technik, die Wasserwerte checken. In den Schwimmbecken laufen die Bodensauger die ganze Nacht über, morgens muss er die Ecken mit dem Gerät per Hand ansteuern, damit sie richtig sauber werden.


Er mag das Arbeiten in der Natur mit ihren wechselnden Stimmungen, mal kühl, mal mild, mal freundlich, mal grau. „Selbst wenn ich hier im Regenkittel stehe, ist das viel schöner als in einer Halle eingesperrt zu sein“, findet Rainer. Hier ist man mehr in Bewegung – das Gelände ist ja riesig und Betrieb ist bei jedem Wetter. Selbst heute an einem durchwachsenen, kühlen Mai-Tag. Der Saisonstart Ende April war dafür super.
Bei Gewitter wird’s stressig
„An heißen Tagen mit 10.000 Menschen auf dem Gelände steigt unsere Anspannung“, so Rainer. Und bei Gewitter wird’s richtig stressig. Um die Leute aus dem Wasser und unter den Bäumen wegzuholen, sind alle Mitarbeiter gefragt.


Er findet die Mischung an Gästen richtig toll, viele kennt er gut – er selbst ist gleich gegenüber aufgewachsen. Das Freibad begleitet ihn von klein auf. Er freut sich, wenn er mal alte Schulkameraden trifft und macht für Interessierte auch gerne mal spontan eine Führung durch die Technikräume. Er kommt mit allen zurecht – sein Job schult die Menschenkenntnis: „Man kennt dann seine Pappenheimer.“ Ob er auch mal streng sein kann? Kann ich mir nicht vorstellen …
Für den Rest der Saison wünscht sich Rainer, dass es ruhig bleibt und doch noch schön sonnig wird, dass das Publikum sich rücksichtsvoll benimmt – und vor allem, dass es keine Badeunfälle gibt. „In Tübingen sind wir gut dran: Unter den Gästen sind immer Ärzte oder Medizinstudierende, die uns im Notfall unterstützen.“

Im Umkleidebereich sind gerade einige Gänge abgesperrt – die Reinigung ist im Gang. Wie das abläuft, erzählt mir
Maja Varga vom Service-Team
Das Service-Team kümmert sich darum, dass Umkleiden, Duschen und WCs in top Zustand sind. Sie sind zu dritt, dazu kommen Aushilfen. In der Frühschicht ab 5 Uhr morgens putzt Maja Kabinen, Schränke und Spiegel und spritzt den Boden der Gänge ab. Tagsüber kontrolliert sie die Sanitärräume, füllt Handpapier und WC-Rollen auf und wedelt nochmal durch. „Viele Gäste freuen sich und bedanken sich bei mir fürs Saubermachen.“
Abends kann sich der Badeschluss hinziehen, erfahre ich. Wenn dann die Duschen und WCs gründlich gereinigt werden, helfen die Schichtführer mit. Maja findet daher die Spätschicht anstrengender als die Frühschicht. „Je besser das Wetter, desto mehr Leute und Dreck“, lacht sie. Gibt es etwas, das sie nervt? will ich wissen. Zuerst fällt ihr nichts ein – dann aber doch: Die Papierhandtücher, die neben den Waschbecken fallengelassen werden und ständig auf dem feuchten Boden kleben sind fies aufzusammeln. „Wenn es sehr warm ist, lassen wir die lieber ganz weg, da trocknen die Hände in der Luft.“
Ich spaziere vorbei am Kinder- und Nichtschwimmerbereich und komme zur Technikhalle, in der die großen Filteranlagen summen und ein junger Kollege gerade Wasserproben nimmt.




Juro Masic, Ausbilder und Schichtleiter
2018 kam er als Rettungsschwimmer, entschloss sich dann zur Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe. Inzwischen ist er selbst Ausbilder – und strebt den Meister an. Bis im September die Meisterschule beginnt, genießt er seine achte Sommersaison im Freibad in vollen Zügen:
„Unser Beruf ist so vielseitig: mit Gästen umgehen, Erste Hilfe, Technik, Chemie. Kein Tag ist wie der andere. Dabei haben wir viel Verantwortung, müssen sensibel sein für gesundheitliche Risiken, viel kommunizieren, selbstbewusst und offen sein, auch mal entschieden auftreten können.“
Das kann er sicher. Und so leicht bringt ihn nichts aus der Ruhe. Oder doch? Typisch sei, dass an heißen Sommertagen oft alles gleichzeitig passiert: Verletzung, Insektenstich, Kabbelei, verschwundenes Handy – da heißt es, durchatmen und alles managen. „Zum Glück haben wir mehrere Sanitätsräume übers Gelände verteilt. Als neulich jemand beim Basketball mit dem Fuß umgeknickt ist, haben wir ihn mit dem Caddy übers Gelände transportiert“, erzählt Juro.
Was ist ein gelungener Tag für ihn? „Wenn ich um 5 Uhr übers Gelände gehe und den Sonnenaufgang mit orange leuchtenden Himmel sehe, ist das ein perfekter Start in den Tag. Auch die netten Kollegen machen gute Laune.“
„Nicht jeder kann behaupten, dass er auch privat gern an seinen Arbeitsort kommt!
Wie schön ist das denn?!“ (Juro Masic)
Nun komme ich ins Zentrum des Geschehens – zum Sport- und Nichtschwimmerbecken. An diesem kühlen Maitag ist der Betrieb überschaubar. Trotzdem geht es nicht ohne sie: die studentischen Saisonkräfte wie zum Beispiel
Lilly Cornelius, Beckenaufsicht
Sie studiert Sport und arbeitet nun schon im dritten Sommer als Beckenaufsicht. Als Tübingerin kennt sie das Freibad von klein auf. „Das ist cooler Job, der gute Laune macht“, sagt Lilly. „Wir sind draußen und dabei mitten im Leben.“ Nur rumstehen und chillen? Von wegen. Es kann schon sehr anstrengend werden am Beckenrand. Vor allem, wenn’s voll ist und viel Trubel bei den Rutschen und im Nichtschwimmerbecken. Am Wochenende und in den Ferien unterstützt zusätzlich die DLRG bei der Beckenaufsicht. Lilly hofft auf einen sonnigen Sommer, „ohne dass wir allzu sehr gebrutzelt werden.“ 😉



Jetzt ist es kurz vor halb eins – die Ablösung für unsere Schichtleiter naht! Und die heißt Paul:
Paul Krebs, stellvertretender Betriebsleiter
Paul hat nach seiner Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe zuerst im Technischen Service der Stadtwerke gearbeitet. Dabei hat er die Bäder „von unten“ in all ihren technischen Details kennengelernt. Dieses Frühjahr ist er ins Freibad zurückgekehrt und bereitet sich auf den Meister vor.
Heute übernimmt er die Spätschicht von 13 bis 22 Uhr und erzählt mir, wie so ein Freibadtag endet: „Wir sind eine Stunde länger da als die Gäste. Dabei ist es gar nicht so leicht, sie zum Gehen zu bewegen! Von sich aus tun das die wenigsten. Wir bitten also alle freundlich, aufzubrechen – und kontrollieren die Sportplätze und die Wiesen. Von hinten nach vorne, sammeln Fundsachen, helfen bei der Reinigung mit und prüfen die Technik. Oft verschiebt sich unser Feierabend.“
Was ihm gefällt: „Im Freibad ist der Job noch richtig Handwerk.“ Zum Beispiel prüfen sie hier die Wasserwerte öfter, denn wenn das Beckenwasser vom Regen sauer wird, muss der PH-Wert wieder angepasst werden. Das Wasser kommt übrigens aus einem eigenen Brunnen, wird in großen Tanks unterm Technikgebäude gespeichert und zum Teil mit Solarthermie beheizt.
Ein gelungener Tag ist für ihn einer mit etwa 5.000 Leuten, ein perfekter Schnitt, ohne Hektik und Gedrängel. Sein Ziel ist, dass die Leute eine gute Zeit hier verbringen. „Ins Freibad kommt man ja nicht nur zum Schwimmen, sondern auch, um Spaß mit Freunden oder Familie zu haben. Und die Gäste sind dankbar dafür. Schon in den ersten Tagen gab’s so viel nettes Feedback, das tut echt gut!“

Eine Frage beschäftigt mich schon lange, wenn ich über unser herrliches Freibad-Gelände spaziere: Wer ist dafür verantwortlich, dass hier alles so schön grünt und blüht? Und so treffe ich bei den Rosenbeeten im Kinderbereich sie:
Heide Frisch, die Landschaftsgärtnerin
Sie arbeitet für die kommunalen Servicebetriebe (Stadtgärtnerei) und ist das ganze Jahr über immer vormittags, im Freibad anzutreffen. Im Winter kümmert sie sich um Gehölzpflege und Rückschnitt und hat schon jede Pflanze und jeden Ast mehrfach in der Hand gehabt. Im Frühjahr schneidet sie die Rosen, macht die Hauptwege frei und bereitet alles für die Blühsaison vor; im Sommer kämpft sie unentwegt gegen Unkraut: „Das wächst überall gleichzeitig und muss mit der Hand entfernt werden, ganz ohne Herbizide, alles sehr natürlich“, sagt Heide. Die Rosen bekommen einen Sommerschnitt und blühen danach ein zweites Mal. Auch Baumpflege gehört dazu, es wird ausgelichtet, zurückgenschnitten und Totholz entfernt.





Und das Geheimnis des schönen Rasens? Den mähen ihre Kollegen zweimal pro Woche, zu Anfang und Ende der Saison wird organisch gedüngt. Durch Tröpfchenbewässerung im Boden werden Rasen und Beete mit Brunnenwasser versorgt.
Was sie nicht so mag? Wenn Leute auf dem Weg zum Becken durch die Beete gehen und dabei die Pflanzen niederdrücken. 😉 Ihr gefällt die positive Stimmung hier. „Die Gäste sind sehr interessiert, manche holen sich Gartentipps bei mir, manche bedanken sich auch.“ Für Heide Frisch ist das Freibad „der schönste Park der Stadt. Nicht so einfallslos pflegeleicht, sondern ein richtig schöner Park, insektenfreundlich, auch mit Bienenweiden. Und dazu sauber, ohne Scherben und Hundekot. Früher war sie kein Freibad-Fan, heute kommt sie gern auch privat mit ihren Kindern her: „Das ist ein Kraftort für mich!“
Na, da kann ich ihr voll und ganz zustimmen!
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Das war eine Momentaufnahme vom Mai. Da haben alle auf eine Schönwetter-Saison gehofft. Auf unbeschwerte Tage und glückliche Gäste. 2024 waren es 240.000, dieses Jahr wird die Besucherzahl vermutlich weit darüber liegen. Doch unbeschwert wird es für alle nicht.
Einer fehlt in diesem Sommer. Ganz besonders hier. Wir erinnern an
Bernd Gugel,
Rettungsschwimmer, Beckenaufsicht, Triathlet, Feuerwehrtaucher und so viel mehr,
der am 10. Juli 2025 unerwartet verstorben ist.
Auch an diesem Blog hat Bernd gern mitgewirkt. In seinem Beitrag „Wenn die Sonne brennt und das Wasser kühlt“ hat er sehr anschaulich und humorvoll beschrieben, wie ein typischer Freibadtag aus der Sicht der Mitarbeitenden aussieht.
Von romantischen Sonnenaufgängen und wackeren Frühschwimmern, von Kampfkraulern und Sonnenanbetern, von quirligen Nachmittagsmassen und vom Großreinemachen am Abend. Hier nur ein kurzer Auszug:
„Alle sind sie im Freibad: Sonnengebräunte und Bleichgesichter, Athleten und Couchpotatos, Dünne und Dicke, Große und Kleine, Studierende und Lehrende, Chefs und Angestellte, man sieht die Krankenschwester ebenso wie den Chirurgen, den Bauarbeiter wie den Baubürgermeister, Alt und Jung – der ganzen Querschnitt unserer Gesellschaft. Und alle sehen sie irgendwie anders aus als sonst, wenn man sich auf der Straße begegnet.“
„Mein Job ist es, als Rettungsschwimmer für Sicherheit zu sorgen. Zum Glück kommt es aber sehr selten zu Rettungseinsätzen. Daher bin ich ebenso Ordnungsdienst, Organisator, Reinigungskraft, aber auch Helfer und Ansprechpartner für alles Mögliche. Die Kommunikation ist wichtig: Für viele, vor allem unsere Stammgäste, ist das Freibad auch ein Raum der Begegnung. Da gehört ein freundliches Hallo dazu, auch mal Small Talk über dies, das und übers Wetter, sofern der Betrieb dies zulässt. Bisweilen braucht man auch diplomatisches Geschick, um die passenden Worte zu finden.“
Ich empfehle euch unbedingt, da mal reinzulesen: Hier kommt ihr direkt zum Blogbeitrag!
Und hier zu all unseren anderen Bäder-Geschichten.
Kommt mal wieder ins Freibad – und habt noch einen schönen Sommer!
Infos für euren nächsten Freibad-Besuch findet ihr auf der swt-Homepage!

Zur Autorin:
Als Birgit im Mai diese Interviews führte, war es ganz schön frisch im Freibad. Doch der viele Platz im Schwimmbecken war sehr verlockend …
Sie bewundert alle, die dort im Einsatz sind, für ihre Freundlichkeit und Geduld und drückt fest die Daumen für sonnige Sommerferienwochen!