Bye-bye Standby – einfach mal abschalten

Richtig ordentlich Strom sparen in meinem Zuhause – das ist mein Vorsatz fürs neue Jahr 2022. Unterstützen wird mich dabei mein Kollege und Energieberater Siggi Haible aus dem Kundenzentrum. Mein Vorsatz ist für ihn ein Dauerbrenner im Kundengespräch. Fiese Energiefresser lauern garantiert überall, zuhause in der Dreizimmerwohnung gibt es diverse! Aber bringt mir die Beratung auch neue Erkenntnisse jenseits von Kippschalter und Standby? Ich nehme die Fährte auf: Was kosten Haushaltsgeräte im Verbrauch und Standby?

Siggi hilft mir bei der Selbstoptimierung.

Strompreise sind aktueller denn je
Mein gut gemeinter Vorsatz kommt nicht von ungefähr. Das neue Jahr hat gerade erst Einzug gehalten, schon überrollen uns Schlagzeilen zu Energiepreisen. Der Spiegel schreibt von nie dagewesener Preisdynamik – Energiekosten steigen 2022 weiter. Laut Frankfurter Rundschau „bedrohen Strompreise Existenzen“, Menschen gerieten in Zahlungsnot. Die FAZ betitelt die steigenden Energiepreise als das heißeste Thema des Winters. Dies wird kein Beitrag über steigende Strompreise, denn die betreffen mich in diesem Jahr überhaupt nicht: Die Stadtwerke Tübingen – mein Arbeitgeber und Stromlieferant – haben im November 2021 bekanntgegeben, dass sie die Preise für dieses Jahr sogar leicht senken können. Ich bezahle aktuell rund 30 Cent pro Kilowattstunde für 100% Strom aus erneuerbaren Energien. Auf die Strompreise habe ich keinen Einfluss. Wohl aber auf meinen eigenen Verbrauch und damit auf die Höhe meiner jährlichen Stromrechnung.

Stromabrechnung unter der Lupe
Los geht’s mit einem Blick auf meine Stromabrechnung. Wieviel Strom verbrauche ich im eigenen Haushalt – über oder unter dem Durchschnitt eines Zweipersonen-Haushaltes? Die Abrechnung gibt genauestens Auskunft. Mit etwas über 1.900 Kilowattstunden (kWh) sind wir noch im Bereich „Gut“. (Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft hält einheitlichen Kennzahlen bereit.) Durch viele Stunden im Homeoffice rücken wir näher an den Grenzwert: Mehr als 2.064 kWh sollten es nicht sein, dann würden wir zu zweit schon einen „hohen“ Verbrauch aufweisen. Von einem besonders sparsamen Verbrauch sind wir somit weit entfernt. Gerade einmal rund 1.000 kWh dürften wir verbrauchen, um in die Kategorie „sehr gut“ zu kommen. Realistisch scheint mir diese Zahl nicht, schließlich müssten wir unseren Stromverbrauch dafür fast halbieren.

Standby treibt die Kosten hoch
Ich kenne schon eine ganze Reihe von Energiespartipps, die wir für die Stadtwerke regelmäßig veröffentlichen. Beherzige ich alle? Ich dachte eigentlich schon… Wir machen die Probe aufs Exempel: Mit Kollege Siggi inspiziere ich erstmal das Wohnzimmer, denn die Unterhaltungselektronik, TV, Audio und Telefon machen für gewöhnlich bereits 26 Prozent am Gesamtstromverbrauch aus.

Bei mir gibt’s gerne Musik auf die Ohren, klassisch über die alte HiFi-Anlage mit CD-Spieler. Die verbraucht bei normaler Zimmerlautstärke 38 Watt. Wenn ich die Anlage ordentlich aufdrehe, können es schon mal 50-70 W sein. Höherer Verbrauch durch lautere Musik – ist mir ehrlich gesagt neu. Wenn ich im Schnitt täglich zwei Stunden Musik höre, kostet mich das übers Jahr 15 Euro für den Strom. Wenn die Anlage dafür ununterbrochen angeschaltet ist, zeigt mir das einen verblüffenden Stromverbrauch von immer noch 32 W an. Kaum weniger als beim Abspielen! Ein ziemlicher Stromschnorrer, der nicht nötig ist. Der Kippschalter der Steckdosenleiste zum Standby-Abschalten macht viel Sinn an dieser Stelle. Würde ich zukünftig Musik auf einem 40 Watt Bluetooth Lautsprecher streamen, könnte ich zum Musikabspielen kaum Kilowattstunden einsparen. Aber das Musikstreaming hat ökologisch gesehen auch nicht den besten Ruf und verursacht an anderer Stelle Energiekosten. Unterschätzt wird laut Siggi meistens auch der Standbymodus von anderen Geräten wie Xbox und PlayStation: 20-35 Euro pro Jahr können allein dafür anfallen. Einfach den Stecker ziehen, so simpel das klingt, vor allem auch während der Ferien, spart bares Geld und schützt auch vor Überspannung und Brandgefahr. Theorie – denn ich besitze weder das eine noch das andere. Spiele finden bei uns analog am Tisch statt. Das macht Spaß und spart Strom.

Frisst Strom und spuckt Unterhaltung aus: der Beamer.

Fernseher und Receiver sind bei mir abgeschafft, auch im Schlafzimmer. Mein alter Beamer aber benötigt, da ohne LED-Leuchte, 190 W im Betrieb, wird danach aber durch die schaltbare Steckerleiste gekappt. Bei durchschnittlich zwei Stunden pro Tag summiert sich das auf rund 140 kWh im Jahr, 40 Euro im Jahr und schon 14% meiner gesamten Jahresstromrechnung. Der angeschlossene Laptop (30 W) kostet mich rund 21 Euro im Standby (10 W) und je nach Nutzung nochmals rund 12 Euro im Verbrauch selbst. Der Ruhezustand ist hier sparsamer als der Energiesparmodus.  Wenn man sich diese Zahlen anschaut, ist es fast keine Überraschung mehr, dass in Deutschland im Jahr rund 22 Milliarden Kilowattstunden jährlich durch unnötiges Standby verschwendet werden (und Kosten von 4 Milliarden Euro). Ein Desaster im Hinblick auf die steigenden Energiekosten und Verbräuche. (Quelle Umweltbundesamt)

Die Kiste im Kühlschrank macht den Unterschied
Gerne schlagen die kleinen Stromfresser auch in der Küche zu. Hier geht es weiter: Rund 17 Prozent meines Verbrauchs (323 kWh) gehen auf das Kühlen und Gefrieren zurück. Ein 20 Jahre altes Gerät verbraucht das schon fast allein – mit rund 90 Euro im Jahr (300kWh/Jahr), ein Neugerät Klasse C oder D (120 kWh/Jahr) rund 35 Euro*. In 15 Jahren kann ich damit fast 800 Euro einsparen. Der Tausch lohnt sich daher schon bei Geräten, die älter als 10 Jahre sind. Siggis Tipp zu dieser Thematik: Wenn dein Kühlschrank relativ leer ist, stell ein Stück Karton oder Styropor hinein. Der verdrängt die Luft und nach jeder Kühlschranköffnung muss diese nur unnötig wieder runtergekühlt werden. Also besser vollen Kühlschrank daheim als halb leer! Der Blick meines Mannes auf den Schuhkarton im Kühlschrank: Unbezahlbar! Effizienter ist laut Siggi die Gefriertruhe, im Vergleich zum Gefrierschrank. Klingt sinnvoll: wenn ich die Truhe öffne, fällt mir die kalte Luft nicht auf die Füße. Manch frisch renovierter Tübinger Supermarkt mit großen senkrechten Türen, anstatt Kühltruhen in Reih und Glied, hat davon vielleicht noch nichts gehört. Besser als offene Kühlregale sind die geschlossenen Kühl- oder Gefrierschränke aber allemal.

Platzhalter im Kühlschrank. Gerne ohne Inhalt.

Unliebsamen Überraschungen vorbeugen
Wer vergisst, im Keller den zweiten Party-Kühlschrank nach Gebrauch wieder auszustecken, kann bei der Abrechnung auch auf die Nase fallen. (Ich spreche aus Erfahrung.) Für unerwartete Überraschungen auf der Stromrechnung können auch andere Dinge sorgen, sagt Siggi und spricht aus 9 Jahren Erfahrung als Energieberater. Der Luftentfeuchter nach einem Wasserschaden zieht mit 1.000-2.000 Watt in der Stunde so viel wie ein Fön, und das teilweise wochenlang (und alle 2 Tage nur 5 Minuten Föhnen kosten mich schon 25 kWh im Jahr). Für ein Aquarium oder Terrarium mit 300 kWh und 25°Celsius sind schnell 150 Euro im Jahr zusammen, denn Beleuchtung, Wärmestrahler und Pumpen sind unabdingbar für die tierischen Mitbewohner. Wer über die Anschaffung eines Wasserbettes oder einer Privatsauna im Keller nachdenkt, muss mit steigenden Abschlagszahlungen im Briefkasten rechnen.

Haushaltshelfer benötigen nun mal Strom
Es kommt gar nicht auf die Vielzahl an kleinen und großen Helfern im Haushalt an. Ein Staubsaugroboter ist effizient aber langsam unterwegs, auch der Mähroboter im Garten ist nicht übermäßig hoch im Verbrauch. Nur muss man die Basis-Station komplett abschalten, wenn der Akku geladen und das Gerät erst Tage später wieder losgeschickt wird. Mein Samstags-Wohnungsputz mit je 30 Minuten Staubsaugen kostet mich mit rund 40 kWh ungefähr 13 Euro. Weder der Kaffee-Vollautomat, noch die Filterkaffeemaschine mit Heizplatte, müssen von 7 Uhr morgens bis zum Nachmittagskäffchen um 16 Uhr permanent angeschaltet sein und heizen, meint Siggi. Wir erinnern uns an dieser Stelle nochmal kurz an meinen Vorsatz: Stromverbrauch reduzieren oder im besten Fall sogar halbieren. Schwenke ich deshalb auf Wasserkocher und Filterkaffee in der Thermoskanne um? Nein! Gerade erst habe ich eine Kaffeemühle und Siebträgermaschine für die Küche angeschafft. Die Maschine wechselt alle 2-3 Minuten zwischen 1090 W fürs Aufheizen und 50 W für den Betrieb. Zwei Cappuccino am Morgen in 9 Minuten fertig gebrüht und mit Milch geschäumt, ergeben aufs Jahr hochgerechnet mit 26 kWh rund 9 Euro Stromkosten. Eigentlich passabel. Bei Freunden steht die Maschine von morgens bis abends aber angeschaltet in der Küche – verbrauchs- und kostentechnisch gesehen keine gute Idee. 

Mein Eindruck ist, dass ich der Stromverschwendung bei mir Zuhause durchaus weiter auf die Schliche komme, wenn ich sie nur konsequenter aufspüre und Gerät für Gerät betrachte. Gut, dass das Jahr 2022 noch viele Tage zählt! Was nicht gebraucht wird, wird abgeschaltet und ausgesteckt … In einem Jahr wird sich zeigen, ob mein guter Vorsatz hält und wie gut wir dann im „Stromverbrauchvergleichsranking“ dastehen. Siggi gibt zu, dass es in Tübingen ausgesprochen wenige Mehrpersonen-Haushalte gibt, die „sehr gute“ Werte von unter 1.000 Kilowattstunden im Jahr aufweisen. Umsetzbar ist das nur ohne Wäschetrockner, wenn konstant mit niedrigen Temperaturen Wäsche oder Geschirr gewaschen wird und ausschließlich neue und höchst effiziente Geräte in der Küche zum Einsatz kommen.** Aus meiner Sicht lohnt sich das finanziell nicht unbedingt. Es würde zwar mein grünes Gewissen beruhigen, wenn die Geräte im Betrieb weniger Strom verbrauchen würden, dennoch sind sie kostspielig in der Anschaffung und energieintensiv in der Herstellung. Ressourcen einsparen halte ich nach wie vor für richtig, aber gleichzeitig versuche ich die Lebensdauer gut funktionierender, älterer elektrischer Geräte zu verlängern. Bei meinem Beamer wäre die Umrüstung tatsächlich eine gute Investition, alles andere behalte ich vorerst.

Wann hast Du zuletzt auf Deine Abrechnung studiert und Dich im Ranking vergleichen? Gibt es Geräte, die Du vielleicht doch besser durch energieeffiziente ersetzen willst oder von nun an den Stecker ziehst?

Diese praktischen Strommessgeräte könnt Ihr übrigens kostenlos bei uns ausleihen.

* Seit kurzem gibt es das bekannte und höchste Label A+++ für Elektrogeräte nicht mehr. Die aktuell beste am Markt erhältliche Energieklassifizierung liegt bei C. Modelle, die in der neuen Kategorie A angesiedelt wären, sind noch in der technischen Entwicklung.

**Die Warmwasseraufbereitung wird in dieser Annahme nicht berücksichtigt. Ein Haushalt mit bspw. Boiler oder Durchlauferhitzer kann diesen niedrigen Verbrauch von 1.000 kWh/Jahr im Haushalt nicht erreichen.

Gleich weiterlesen? Hier geht’s zu unseren Beiträgen über Klimaschutz im Alltag

9 Gedanken zu „Bye-bye Standby – einfach mal abschalten“

  1. Sehr spannender Artikel!
    Folgende Punkte fallen mir spontan noch ein:
    Es werden ja wöchentlich neue Smarthome Produkte vorgestellt und diese finden Einzug in immer mehr Haushalte. Gemeinsam haben diese Produkte, dass sie immer aktiv bleiben müssen. Egal ob Sprachassistenten (homepod/Echos/etc.), WLAN-Steckdosen und Lampen, Kameras, Sensoren, etc. Da lauert sicher sehr viel Potential. Alleine ein Amazon echo studio zieht ca. 4 Watt im standby.
    Spannend wäre für mich noch, ab wann es sinnvoll ist, die Gefriertruhe abzubauen. Da muss es ja einen sweetspot geben 🙂

    1. Lieber Valentin,

      vielen Dank für deinen Kommentar zum Thema Standby und Stromfresser.
      Zuerst du deiner Frage nach dem Gefrierschrank: Am besten taust du dein Gerät regelmäßig ab, denn schon mit einer 1 cm dicken Eisschicht steigt dein Energieverbrauch enorm. Mindestens ein bis zweimal im Jahr sollte man das mindestens machen.
      Das Thema Smart Home, das du weiter ansprichst, ist tatsächlich beim Thema Stromsparen nicht zu verachten und bietet ausreichend Input für einen ganzen weiteren Blogartikel. Alle Geräte sind dauerhaft im Standby und weisen dabei unterschiedliche, aber gut vergleichbare Stromverbräuche auf. Eine praktische Übersichtstabelle mit jährlichen Kosten der smarten Geräte findest du beispielsweise hier: https://www.digitalzimmer.de/artikel/wissen/standby-verbrauch-im-smart-home/
      Du kannst aber auch gerne im Kundenzentrum das kleine Messgerät ausleihen und einmal selbst deine smarten Geräte unter die Lupe nehmen.

      Viele Grüße
      Katharina

  2. Studien zeigen ja, wie gewaltig das Potenzial ist, würden wir konsequent die Standby-Geräte ausschalten. Warum machen wir es nicht? Weil Strom lange Zeit zu selbstverständlich und günstig war. Jetzt wird das Gut knapper und teurer – große Chance, endlich effizienter zu werden. Auf allen Ebenen der Gesellschaft.

    1. Hallo Martin,
      danke für deinen Kommentar! Wie recht du hast: Abschalten hilft! Man kann es gar nicht oft genug betonen. Hoffentlich lernen wir draus.
      „Türen zu und Licht aus! – so hat uns schon vor vielen Jahren mein Vater immer ermahnt. Ich hab jetzt zur Erinnerung überall Klebezettelchen verteilt: am Schreibtisch, im Wohnzimmer, am Kaffeeautomat … Die nächste swt-Stromabrechnung zeigt dann hoffentlich Besserung 🙂 Weitere Tipps geben wir übrigens hier: https://www.swtue.de/service/energiespartipps.html

      Viele Grüße
      Birgit vom swt-Blog-Team

    1. Hallo Renata,
      danke für deinen Kommentar! Toll, dass du nun auch fleißig „abschaltest“, am Ende ist es die Summe vieler kleiner Geräte, die abgeschaltet einen Unterschied machen. Hoffentlich wirst du auf der nächsten Abrechnung erkennbar weniger Verbrauch sehen. Mach weiter so und bleib dran!
      Viele Grüße,
      Katharina

  3. Trotz des allgemeinen Trends steigender Preise hebt der Autor hervor, dass sein persönlicher Strompreis durch den Arbeitgeber, die Stadtwerke Tübingen, sogar leicht gesenkt wurde, und betont die Bedeutung des eigenen Energieverbrauchs für die Kostenkontrolle. Ein persönlicher Einblick in die Thematik, der zeigt, wie individuelle Umstände von allgemeinen Entwicklungen abweichen können

    1. Hallo Tim,
      danke für deinen Kommentar. Als dieser Beitrag Anfang 2022 erschien, waren unsere Strompreise in der Tat gerade gesunken – und noch niemand hat an die folgende Energiekrise und die Marktturbulenzen gedacht. Das zeigt umso mehr: Es ist auf jeden Fall gut, seinen Energieverbrauch im Blick zu behalten.

      Schöne Grüße vom Blog-Team

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