Nächster Halt: Eine Geschichte 4

386 Bushaltestellen gibt es in Tübingen, mehr als das Jahr Tage hat! Ihnen ist diese Serie gewidmet, denn sie haben Interessantes zu erzählen. Was steckt hinter ihren Namen? Was verraten sie über unsere Stadt? Und welche macht die meiste Arbeit? Auf zu einer besonderen Stadtrundfahrt!

FOLGE 4:
Stadtwerke: Arbeitsplatz Haltestelle

Heute soll es mal nicht um die Geschichte gehen, sondern um ganz Aktuelles und um das „Große-Ganze“ sozusagen. Denn der kalte Dezember ist für unsere Kolleginnen und Kollegen beim TüBus immer die heißeste Zeit des Jahres: Da steht, wenige Wochen vor Weihnachten, der Fahrplanwechsel an. Wenn sich dieses Jahr das zwölfte Türchen im Adventskalender öffnet, bescheren Stadt und Stadtwerke ihren Fahrgästen mit dem Fahrplan 2022 rund 80.000 zusätzliche Busfahrten, optimierte Routen und kürzere Wartezeiten. Doch was da quasi „über Nacht“ passiert, ist von langer Hand vorbereitet – und das Gemeinschaftswerk vieler „Heinzelmännchen“. Ein Besuch drei Tage vor Fahrplanwechsel.

Haltestelle Stadtwerke

Dreimal werden wir noch wach: der Fahrplanwechsel

Seit Wochen hat man sich in der swt-Zentrale und in der Bus-Leitstelle dafür gerüstet, den schon im Sommer von Verkehrsplaner Lars ausgetüftelten neuen Fahrplan auf der Straße umzusetzen. Koordiniert wird das von Sachgebietsleiterin Karin. Für den großen Tag brummt es im 5. Stock bei der Abteilung TüBus wie in der Weihnachtsbäckerei.

Zum Stichtag muss alles funktionieren, die Busse müssen rollen, die Dienstpläne der Fahrer*innen angepasst werden, klar. Ebenso wichtig ist: Die Fahrgäste sollen gut informiert werden. Auf der Homepage ist das ja relativ schnell geschehen – das macht Kommunikations-Profi Björn. Vorbereitet ist die Seite längst, zum Countdown fehlen nur noch ein paar Mausklicks. Drucksachen wie Fahrplanheftchen und Ankündigungsplakate brauchen da schon etwas länger – TüBus-Kollegin Julia kümmert sich darum. Zum Korrekturlesen müssen alle ran. Die Plakate für die Busse teilt Marketing-Frau Gabi ein, Werkstudent Chris bringt sie zu den Busbetrieben. Pressesprecher Uli verfasst eine Pressemeldung, Kollegin Melanie einen Post für Facebook, ich selbst einen Beitrag fürs Kundenmagazin. Frisch gedruckte Flyer werden zusammen mit der TüWelt in der ganzen Stadt verteilt.

„Drück auf die Tube, Uwe!“

Mit am aufwändigsten ist es, jede einzelne Haltestelle in Tübingen mit den neuen Infos und Fahrplänen auszustatten. Dafür sind Uwe und Lodovico zuständig, zwei Kollegen vom swt-Gebäudemanagement, die eigentlich als Maler und All-Round-Handwerker in den Gebäuden der Stadtwerke zugange sind. Zu ihrem Job gehört es auch, die TüBus-Haltestellen in Schuss zu halten.

Während der kompletten zweiten Dezemberwoche sausen sie im Rekordtempo von Haltestelle zu Haltestelle. „Zuerst bearbeiten wir alle Haltestellen, die keine Vitrinen, sondern diese kleinen Drehpläne haben“, erzählt Uwe. „Rahmen aufschrauben, Plan raus, Plan rein, zuschrauben. Weiter geht‘s.“ Das Winterwetter macht es nicht leichter: „Die Schrauben gehen schlecht, der laminierte Plan bäbbt am Rahmen.“ Er schafft eine Haltestelle in zwei bis fünf Minuten, hat den Schraubenzieher kaum abgesetzt, da startet der Kollege schon das Auto. Die schnellste Route haben sie längst im Kopf. Nach drei Tagen ist diese To-Do-Liste abgehakt – mit mehr als 200 Häkchen. Knapp 600 Kilometer werden sie wohl wieder für den Fahrplanwechsel zurücklegen.  

Das große Sortieren

Bei den 150 Haltestellenhäuschen mit Vitrinen, die es zu bestücken gilt, hilft Verkehrsplaner Lars selbst mit. „Wir arbeiten uns von außen nach innen vor, vom Stadtrand in Richtung Zentrum. So zeigen die meistgenutzten Haltestellen die alten Pläne bis zu ihrem letzten Gültigkeitstag und sind dann genau zum Stichtag aktualisiert.“ Neckarbrücke und Hauptbahnhof kommen folglich zuletzt dran, die hat sich Lars für den Sonntagmorgen, den 12. Dezember vorgenommen, ab 5 Uhr will er unterwegs sein – dann könnte er zum Frühstück wieder zuhause sein.  

Von außen nach innen werden Tübingens Haltestellen bestückt.

Die Aushang-Fahrpläne werden auf ein spezielles, haltbares und wetterfestes Material gedruckt. „Wir haben sie neu designt, sie sind jetzt deutlich aufgeräumter und übersichtlicher“, sagt Lars. Gerade ist die letzte Lieferung vom Werbetechniker eingetroffen: Lauter Großplakate für die Vitrinen, darauf sämtliche Infos übersichtlich zusammengestellt. „So sparen wir uns die Zettelwirtschaft und sind sicher, dass nichts durcheinandergeht“. Lars sortiert alles nach definierten Gebieten und behält den Überblick. Auf großen Biertischen im Gang liegen die Aushänge bald bereit: ordentlich in Kisten geordnet oder zu Rollen verschnürt und etikettiert.

Dann schnappt er sich ein Bündel – „ein Paket für eine Zwei-Stunden-Route“ – und geht selbst auf Tour, mit dem Fahrrad zu sämtlichen Haltestellen zwischen Französischem Viertel und Galgenberg.

Wem gehört hier eigentlich was?

Während Lars sich die Vitrine der Haltestelle Stadtwerke vornimmt, kommen wir zu der Frage, wem die Bushaltestellen eigentlich gehören. „Das ist komplizierter als man denkt“, so Lars. Grundsätzlich ist die Stadt zuständig für die Haltestellen, für die Bordsteine, die Sitzbänke und das Leeren der Papierkörbe. Die meisten der Wartehäuschen werden aber von der Werbe-Firma Ströer gestellt, die im Gegenzug die Werbeflächen vermarkten darf. Den Stadtwerken gehören nur das H-Schild, die roten Fahrplanrahmen und der Abfahrts-Anzeiger. Die Vitrinen der Wartehäuschen dürfen sie unentgeltlich nutzen.

Auch übers Jahr ist an den Haltestellen immer viel zu tun. Am meisten Arbeit machen diejenigen am Innenstadtring und am Omnibusbahnhof, wo die meisten Busse halten, die meisten Fahrgäste ein- und aussteigen und wo viele Aushänge in einem Kasten sind. Auch Vandalismus ist ein Thema. Schmierereien oder Tags mit Edding kommen leider oft vor, außerdem auch unzählige kleine Aufkleber – „die sind eine echte Plage“, schimpft Lodovico. Ab und zu wird auch gezündelt. Die krasseste Sachbeschädigung, an die sich Lars erinnert, war, als vor einigen Jahren die Werbevitrinen in Zusammenhang mit einer Bundeswehr-Kampagne systematisch zerstört wurden. „Das Material ist zum Glück entweder sehr robust oder gut austauschbar“, sagt er. Das Problem sei eher, dass die Stadtreinigung kaum hinterherkomme.

Zuständig für Reparaturen ist die Firma Ströer, doch Soforthilfe leisten auch hier die Stadtwerke. „Geht eine Scheibe zu Bruch, zerbricht sie in Tausende von winzigen Splittern, das ist einfach gefährlich für unsere Fahrgäste“, so Lodovico. „Wir schaffen dann mehrere Kilo Glas weg.“ Auch wenn es gilt, Schilder geradezubiegen oder Schmierereien zu entfernen, werden er und Uwe gerufen. Von Glasoberflächen sind die relativ leicht zu entfernen, schwieriger ist es bei Metall oder Sitzbänken. Eines möchte ich unbedingt wissen, nämlich wie man den lästigen kleinen „Bäbbern“ zu Leibe rückt? „Ganz vorsichtig mit einem Ceranfeld-Schaber“, lautet Uwes Tipp. „Wir haben Verschiedenes getestet und nehmen nicht gern giftige Chemikalien. Die müssen ewig einwirken – da steht man dann zehn Minuten neben dem Aufkleber und verplempert Zeit.“

Beschwerden über die Haltestellen gehen bei den Stadtwerken eher selten ein, etwa einmal pro Monat, erzählen Julia und Jenny vom TüBus-Kundentelefon: „Meistens handelt es sich um kaputte Beleuchtung oder verschmierte Vitrinen, um Bücher oder Müll auf den Sitzbänken – auch Verschenke-Kisten haben da ja überhaupt nichts zu suchen. Wir nehmen das dann auf und kümmern uns darum. In letzter Zeit sind auch Verstöße gegen die Maskenplicht Thema.“ In Sachen Fahrplanumstellung wird ihr Telefon demnächst sicher öfter klingeln, bis sich die Fahrgäste an die Neuerungen gewöhnt haben. Doch ich habe den Eindruck, dass es nichts gibt, was die beiden aus der Ruhe bringen kann.

Manchmal buchen die swt die Plakatflächen der Wartehäuschen für eigene Kampagnen.

Eine Umleitung – 100 betroffene Haltestellen

Ist der Fahrplanwechsel durch, steht für Uwe und Lodovico bis zur Betriebsruhe noch der Austausch von etwa 30 Haltestellenschildern an: Denn bei etlichen Linien ändern sich die Zieltexte. Zuerst müssen aber noch einige größere Umleitungen zurückgebaut werden. Die Ersatzhaltestellen einzurichten, ist Schwerstarbeit. Überhaupt sind Bus-Umleitungen in Tübingen ein Dauer-Thema. „Die Fahrgäste machen sich kaum klar, was da alles dranhängt!“, meint Uwe. Wegen der Baustelle am Hauptbahnhof sind die meisten Bussteige dort schon zweimal verlegt worden – mit immer neuer provisorischer Beschilderung. „Ich kann echt verstehen, dass das für viele Fahrgäste verwirrend ist“, sagt Uwe. „Auch wir müssen ja höllisch aufpassen, dass wir die Infos richtig aufhängen und dass gerade bei Umleitungen und geänderten Fahrtrichtungen alles stimmt.“ Viel Zeit hat in den letzten beiden Jahren zum Beispiel die Baustelle am Knotenpunkt Weilheim gekostet. Und allein der Abriss der Steinlachbrücke wirkt sich auf mehr als 100 Bushaltestellen aus. „Und wenn sich die Bauarbeiten verzögern, muss alles wieder aktualisiert werden.“

Ersatzhaltestellen warten in der TüBus-Werkstatt in der Düsseldorfer Straße.
Fritz Schreiner war Jahre lang für den Haltestellendienst in der ganzen Stadt unterwegs, jetzt ist er im Ruhestand.

Das Wichtigste beim Haltestellendienst, so Uwe, seien Flexibilität und Schnelligkeit: „Oft muss das von jetzt auf gleich gehen!“ Sollte abends oder am Wochenende dringend etwas zu tun sein, springt Verstärkung von der Leitstelle ein. Da ärgert es ihn schon, wenn er von den Wartenden öfters mal schlechte Laune wegen neuer Umleitungen abbekommt: „Das ist doch ein Service für die Fahrgäste, was wir hier machen. Aber es gibt auch nette Begegnungen – und wenn wir können, helfen wir immer gerne weiter.“

Der Countdown läuft …

Der Stichtag ist da. Lars baut die Biertische ab. Uwe und Lodovico sind wohl bis zum Jahresende mit dem Job durch. Dann haben die „Heinzelmännchen im Hintergrund“ ihr Werk vollbracht – und überlassen das Tagesgeschäft vertrauensvoll den Kapitänen und Kapitäninnen am Steuer der TüBusse und den Lotsen in der Leitstelle, die unsere Fahrgäste sicher ins neue Jahr bringen.

GUTE FAHRT!

Mal ganz praktisch: Wie lese ich die Aushänge im Schaukasten richtig?

Immer links hängen die Fahrpläne für die einzelnen Linien, rechts der große Liniennetzplan. Sehr nützlich ist der QR-Code für den Abfahrtsmonitor in Echtzeit. Außerdem gibt’s Tarif-Infos und Werbung für den ticketfreien Samstag. Wichtig ist es, bei gelben Aushängen genau hinzuschauen – da hat sich etwas geändert!

Beispiel-Aushangplan

Tipp:
Bei Fragen, Problemen und Anregungen rund um TüBusse und Haltestellen erreicht ihr uns unter Telefon TÜ 157-157.

Spannendes zu Tübingen entdeckt ihr in den Folgen: Maria-von-Linden-Straße oder Wilhelmstraße

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