Herausforderung Corona-Ausbildung

Carolin Ulmer war gerade mal 15 Jahre alt, als sie sich für eine Ausbildung zur Industriekauffrau bei den Stadtwerken Tübingen entschieden hat. Das war 2019. Auf ihre Bewerbung folgte – wie das so üblich ist – Vorstellungsgespräch, Probearbeiten, Zusage. Klar, große Freude. Und dann: Corona.

Für Caro war damit bereits zum Ende ihrer Schulzeit nichts mehr wie davor. Und vor allem war nichts mehr so, wie sie sich das vorgestellt hatte. Denn wer erinnert sich nicht an die wundervolle Zeit direkt nach dem Schulabschluss? Dieses Gefühl zwischen Freiheit und Erwachsenwerden? Etwas geschafft zu haben? Und auch das Gefühl: Jetzt steht mir die ganze Welt offen. Dieses Gefühl hat Corona Schülerinnen und Schülern auf der ganzen Welt genommen, da ist Caro keine Ausnahme.

Seit September ist sie nun Auszubildende im Hause swt. Und auch dieser Start verlief schlicht anders, als geplant. Vor allem die persönlichen Kontakte fehlen, das Kennenlernen und damit auch ein Stück weit die Identifikation mit dem Unternehmen. Caro – da sind wir uns sicher – wird ihren Weg bei uns trotzdem gehen. Sie ist motiviert und interessiert. Sie nimmt die Situation wie sie ist und macht das beste daraus. Das bewundern wir!

Dieser Blog entsteht in der Abteilung Kommunikation und Marketing. Caro hat einige Wochen hier verbracht – so wie alle Auszubildenden auf Ihrem Weg. Und Caro hat Freude am Schreiben. So ist dieser Text entstanden: Ein ganz persönlicher Blick einer jungen Frau, die gerade erst am Anfang ihrer Berufslaufbahn steht und vielleicht schon die größte Herausforderung gemeistert hat:


Caros Corona-Jahr
ein Text von Carolin Ulmer

„Gerade sitze ich an meinem Arbeitsplatz bei den Stadtwerken Tübingen und mir wird klar, dass ich meine Ausbildung ganz anders angefangen habe als meine Azubi-Kolleginnen und -Kollegen in den Lehrjahren davor. Ausbildung mit Abstand und Maskenpflicht, was für ein lächerlicher Gedanke das doch damals gewesen wäre.

Das bin ich
Aber darf ich mich erstmal vorstellen? Ich heiße Carolin bin 16 Jahre alt und habe im September 2020 mit meiner Ausbildung als Industriekauffrau bei den Stadtwerken Tübingen angefangen. Leider in einem nicht vorauszusehenden Pandemiejahr. Doch auch mit diesen schwierigen Umständen gefällt es mir hier sehr gut!
 
Meine Bewerbungsphase im September 2019 lief noch normal. Doch meinen Realschulabschluss im Frühjahr 2020 hatte ich mir anders vorgestellt. Das Homeschooling davor war zwar für mich kein Problem, aber das selbstständige Lernen und der Kontakt mit Lehrern und Mitschülern über das Internet war schon seltsam. Meine Abschlussfeier wurde leider nur im kleinen Kreis gefeiert, der Abschlussball – zum Leidwesen von uns Zehntklässlern – komplett gestrichen. Was für ein Mist! Dabei hatte ich das Kleid schon längst, aber wer hätte das auch vorausahnen können?

Nach der Schule im Betrieb
Die Lage hat sich natürlich nicht verbessert, im Gegenteil. Meine Einführungstage bei den Stadtwerken im September 2020 waren von sehr viel Abstand geprägt, aber davon ließ ich mich nicht unterkriegen. Die Besichtigungstouren der Außenanlagen fanden in zwei Gruppen statt. Bei Lehrgesprächen musste ich Abstand halten, was nicht gerade einfach beim Erklären verschiedener Inhalte ist. Doch alle Kolleginnen und Kollegen haben sich an die Regeln gehalten, so wurde es wenigstens ein bisschen einfacher.

In den nächsten Wochen und Monaten wurden die Beschlüsse von Bund und Ländern ernster – und folglich wurde die Maskenpflicht im swt-Gebäude und auf dem Campus eingeführt. Wenn ich aus dem Büro rausgehen wollte, musste ich nun die Maske tragen. Doch das vergaß ich natürlich hin und wieder und musste umdrehen. Dabei kam ich mir ehrlich gesagt etwas doof vor und überlegte, ob die Kolleginnen und Kollegen sich nun fragten: „Warum kommt die jetzt wieder? Wollte sie nicht wohin gehen?“ Das war sehr nervenaufreibend! In der Zwischenzeit habe ich mich aber daran gewöhnt.
 
In der Kantine wurden einzelne Stehtische anstelle der langen Tafeln aufgestellt, „normal“ habe ich es nicht mehr in Erinnerung: Lange Tafeln mit vielen Menschen, die sich gleichzeitig zum Mittagessen treffen. Dank netter Kolleginnen und Kollegen und deren Erzählungen habe ich Eindrücke und Geschichten aus der bunten Zeit vor Corona gehört. Ich hoffe allerdings, dass ich dieses auch noch in „real Life“ erleben werde. Im neuen Jahr hieß es dann: „Wenn möglich am Arbeitsplatz essen“, so kann ich mich nicht mehr mit den anderen Azubis zur Mittagspause treffen und austauschen, das fehlt mir sehr. Die Mitarbeiter arbeiten, wenn es geht im Homeoffice, dadurch wirkt das Gebäude teils wie ausgestorben. Sehr gruselig, wenn ich früh morgens durch die Gänge laufe. Zudem bin ich aber froh, dass ich meine Ausbildung nicht im Homeoffice anfangen muss. Sonst wäre ich ja extrem abgeschnitten und würde einen Lagerkoller bekommen.

Im Betrieb wurden währenddessen alle größeren Veranstaltungen, sowie Schulungen und Seminare abgesagt. Schade, ich hatte mich schon darauf gefreut.  Kleinere Konferenzen durften nur in großen Räumen abgehalten werden und auch das nur mit begrenzter Teilnehmerzahl. Somit hatte ich den Raumbelegungsassistenten im Dauereinsatz. Über die Weihnachtsfeiertage wurde das Kundenzentrum geschlossen und über den Lockdown verlängert. Das fand ich sehr sinnvoll, wenn auch beschwerlicher für die Kunden und die Mitarbeiter aus dem Kundenzentrum. Aber Schutz geht vor!

Für die Büroräume wurden Raumbelegungspläne mit Obergrenzen erstellt, damit nicht so viele Mitarbeiter zusammen sind. Dadurch wurde es für mich schwieriger, die Kolleginnen und Kollegen einer neuen Abteilung kennenzulernen. Klar hat man die Möglichkeit, Lehrgespräche über Videokonferenzen abzuhalten, aber es ist nicht das Gleiche. Zumal auch die Gesichter zu den Namen fehlen, das war gar nicht so einfach. Jetzt bin ich seit vier Wochen in der Abteilung Kommunikation und Marketing und habe die meisten Kolleginnen und Kollegen einmal Live gesehen und die anderen über eine Videokonferenz. Auch unser Azubimeeting, das normalerweise persönlich direkt vor Ort einmal im Monat stattfindet, musste Corona weichen.


Vom HomeREAL-Schooling ins HomeBERUFS-Schooling
In meiner neuen Berufsschule hieß es, dass wir den Kontakt zu anderen Klassen meiden sollen, damit sich Covid-19 nicht weiterverbreitet. Doch gebracht hat es wenig!

Auch auf dem Schulgelände wurde schon bald die Maskenpflicht eingeführt. Nur in bestimmten Bereichen durfte ich mich in der Pause auf dem Schulhof mit Abstand aufhalten. Aber essen und trinken durfte man mit gleichem Abstand ohne Maske. „Toilettengänge während des Unterrichts“, damit sich die Klassen nicht begegnen. Die Sorge: Dabei verpasse ich Unterrichtsstoff!!

Alle 20 Minuten wurde gelüftet, das ist im Winterhalbjahr bei kalten Temperaturen gleich doppelt lustig. Durch die Maske wurde der Sauerstoffgehalt niedriger und meine Konzentration fiel mir auf lange Sicht schwerer. Viele meiner Mitschüler und Lehrer kenne ich nur mit Maske – ob ich sie auch ohne erkenne, wird sich zeigen.

Viele Berufsschüler, auch ich, wurden früher als geplant in die Winterferien geschickt. Für uns bedeutet das jetzt seit Anfang 2021 Homeschooling. Somit habe ich nicht nur im Betrieb Videokonferenzen, sondern auch zuhause im Unterricht. Da sitze ich dann, Stunde um Stunde vor meinem Laptop. Nicht so toll, sage ich Euch.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf!
Durch die Impfungen erhoffe ich mir, dass bald alles zur Normalität zurückkehrt. Deshalb trage ich immer eine Maske, um mich und andere zu schützen. Und um endlich eine „ganz normale“ Ausbildung machen zu können! Ich bin sehr zuversichtlich, dass das bald klappt. Egal wie die Umstände sind, mir macht die Arbeit auch jetzt schon viel Spaß und ich lasse mir die Freude an meiner Ausbildung doch nicht von Corona verderben!“

Wie wir arbeiten: Hier geht’s zu weiteren Geschichten!

6 Gedanken zu „Herausforderung Corona-Ausbildung“

  1. Ein schöner Bericht, der eine gute Mischung aus persönlicher Betroffenheit und Optimismus zeigt. Herzlichen Dank dafür, viel Erfolg bei der Ausbildung und auf ein hoffentlich baldiges persönliches Kennenlernen!
    Viele Grüße, Achim Kötzle

    1. Vielen Dank! Den Blick der jungen Kolleginnen und Kollegen auf das Geschehen fanden wir auch sehr interessant und bereichernd, unterscheidet er sich doch an manchen Stellen stark von der eigenen Perspektive. Wir wünschen den swt-Azubis, dass sie bald etwas Normalität in ihrer Ausbildung und natürlich auch dem privaten Leben bekommen werden. Herzliche Grüße, Melanie Wasner

  2. Frisch und treffend beschrieben, immer mit einem positiven Grundgedanken. Das ist sehr schön zu lesen. Alles Gute für Caro und Glückwunsch an swt, MitarbeiterInnen wie Caro sind eine Bereicherung für alle und lassen gelegentlich den eigenen blinden Fleck kleiner werden.

    1. Vielen Dank für das nette Feedback! Wir sind auch sehr froh und glücklich, dass wir junge Kolleginnen und Kollegen wie Caro im Haus haben. Hoffen wir gemeinsam, dass sie Ihre Ausbildung bald so normal wie möglich weiterführen können. In der Zwischenzeit machen wir das Beste aus der Situation.

  3. Ein gelungener Artikel. Wir haben schon von mehreren Stellen gehört, dass hier Top-Ausbilder sind, die sich sehr gut um die Azubis kümmern. Hoffen wir nun das Beste, so dass die aktuelle Lage sich schnell bessert.

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